„Handwerker-Widerruf“
Wer einen Vertrag widerrufen möchte, kann dies gem. §§355, 312g I BGB tun, wenn es sich entweder um einen Fernabsatzvertrag oder um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag handelt. Ein Fernabsatzvertrag wird ausschließlich über Fernkommunikationsmittel geschlossen. Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag liegt z.B. vor, wenn ein Vertrag bei Anwesenheit beider Vertragsparteien geschlossen wird, die sich aber nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers befinden.
Liegt ein solcher Vertrag i.S.d. §312g I BGB vor, kann der Verbraucher in der gegebenen Widerrufsfrist von 14 Tagen den Vertrag wirksam widerrufen. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen fängt jedoch nur an zu laufen, wenn wirksam über die Widerrufsmöglichkeit belehrt wurde.
Aktuell relevant wurde diese Thematik bei Handwerkerverträgen. Schließt ein Verbraucher einen Vertrag mit einem Handwerker, der vorher nicht über sein Widerrufsrecht seitens des Unternehmers belehrt wurde, kann der Verbraucher nach erfolgter Leistungserbringung den Vertrag widerrufen und darf dennoch die Bauleistung behalten, ohne die erbrachte Leistung vergüten zu müssen.
Anders ist die Situation, bei der der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich dazu auffordert, dringend eine Reparaturmaßnahme durchzuführen – hier besteht gem.312g II Nr.11 kein Widerrufsrecht.
Angebot und Annahme an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten
Der BGH entschied, dass der Zeitpunkt und der Ort des Vertragsschlusses für den Widerruf entscheidend ist. So betont der BGH in seinem Urteil vom 06.07.2023 (Az. VII ZR 151/22), dass ein Vertragsschluss bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien kein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag ist, wenn der Verbraucher ein vom Handwerker am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetagt außerhalb von Geschäftsraum annimmt – ein Widerrufsrecht läge somit nicht vor. Der Hintergrund ist dieser, dass durch die Möglichkeit eines Widerrufs der Verbraucher vor Überrumpelungssituationen und Überraschungsmomenten geschützt werden soll. Gibt der Unternehmer dem Verbraucher jedoch Zeit darüber nachzudenken, ist der Verbraucher vorliegend nicht mehr schutzwürdig.
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten: Sobald Angebot und Annahme des Vertragsschlusses zeitlich und räumlich auseinanderfallen, steht Ihnen als Verbraucher kein Widerrufsrecht gegenüber Handwerkern mehr zu. Hat der Handwerker Sie jedoch nicht über das Widerrufsrecht belehrt und Angebot und Annahme fallen zeitlich und räumlich zusammen, können Sie ohne Vergütung Ihre erbrachte Leistung behalten.
Quelle: Bundesgerichtshof, AZ. VII ZR 151/22