Verkehrsrecht: Berechnung der Schadenspositionen
Grds. ist Naturalrestitution geschuldet, die durch Reparatur od. Ersatzbeschaffung bewirkt werden kann, § 249 II 1 BGB
1. Schadensermittlung
a) Gutachten eines freien SV
wg. Quotenvorrecht bei Vollkaskoversicherung das Mittel der Wahl
wenn keine Vollkaskoversicherung, muss mit Mdt. erörtert werden, dass er ggf. Kosten selbst tragen muss
wenn ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter die Einschaltung eines SV für geboten halten durfte und Bagatellgrenze von 700 EUR überschritten.
wird bei großen Schäden von der gegnerischen Versicherung auch gefordert, bevor repariert wird: Aufgrund des darin enthaltenen Wiederbeschaffungswerts muss erst entschieden werden, ob das Fz überhaupt repariert werden darf
b) Begutachtung durch den SV des gegnerischen Versicherers
wenn Mdt. keine Vollkaskoversicherung hat
Problem: Parteiisch
c) nur Kostenvoranschlag
Problem: keine Aussage über Wertminderung und zu der Frage, ob Fahrzeug Totalschaden erlitten hat
2. Schadensbezifferung
a) fiktiv anhand des Gutachtens
Der Geschädigte ist dann frei, ob und wann er repariert oder ob er sich ein Ersatzfahrzeug anschafft.
Das Gutachten enthält Angaben zu
- voraussichtlichen Reparaturkosten
- Wertminderung
- Wiederbeschaffungswert idR in brutto und netto (was der Geschädigte zur Anschaffung eines dem unbeschädigten Fz Gleichwertigen aufwenden müsste) Liegt idR deutlich über dem, was man beim Verkauf, also dem Restwert erzielen würde, weil Maklerkosten etc. dazu kommen
- Restwert steuerneutral (was man noch für das beschädigte Fz im örtlichen Bereich erzielt) durch Einholung dreier konkreter Angebote des Marktes. Das höchste Restwertangebot ist maßgeblich
P: Versicherer versuchen möglichst hohe Restwerte nachzuweisen, um die Differenz und damit den Aufwand möglichst niedrig zu halten
Der Geschädigte muss sich auf die Restwertbörse verweisen lassen, wo regelmäßig höhere Restwerte erzielt werden (§ 254 II).
Wird tatsächlich nur ein geringerer Restwert erzielt, ist nur dieser zu berücksichtigen.
Wiederbeschaffungsaufwand ist die Differenz zwischen WBW und RW: Es geht bei der Bestimmung des Wiederbeschaffungsaufwandes darum, den Wert der Sache als Mittel zwischen Verkauf und Ankauf zu ermitteln: wie viel Fz noch wert wäre minus Restwert. Der Wiederbeschaffungswert wird zugrunde gelegt, obwohl das Fz idR gar nicht verkauft wird. Aus diesem Grund muss der Wiederbeschaffungswert und der Restwert auch netto angesetzt werden.
Stundenverrechnungssätze
P: Die Versicherungen mindern regelmäßig die Stundenverrechnungssätze und versuchen im Hinblick auf § 254 II BGB, auf freie Werkstätten zu verweisen.
- Versicherer muss beweisen, dass Qualitätsstandard genauso hoch ist wie in Fachwerkstatt
-
Dass dem Geschädigten das zumutbar ist
- wenn Fz unter 3 Jahre alt
- wenn Fz scheckheftgepflegt, also immer in Fachwerkstatt repariert wurde
b) konkret durch Reparaturrechnung
3. P: Umsatzsteuer als Schadensposition iSd § 249 BGB
- Grundsätzlich sind nur die Kosten bis zum Netto- Wiederbeschaffungswert zu ersetzen.
- Dass der Geschädigte auch iHd Ust. einen Schaden hat, muss er nachweisen:
(in welcher Höhe Abzug von dem Brutto-WBW gemacht wird, richtet sich nach der Besteuerungsart des Fz, s.u.)
- Bei Abrechnung auf Reparaturkostenbasis ist der Anfall der Ust. durch Vorlage der Reparaturrechnung zu führen, um vom SEA umfasst zu sein, § 249 II S. 2 BGB.
- Auch bei Kauf eines Ersatzfahrzeug ist der Anfall der Ust. durch Vorlage des Kaufvertrages nachzuweisen.
- Bei vorsteuerabzugsberechtigten Personen ist keine Ust. zu ersetzen, weil diese die angefallene Ust. von ihrer ans Finanzamt abzuführenden Ust. abziehen können.
- Bei fiktiver Abrechnung kann die Ust. nicht geltend gemacht werden und der Geschädigte kann nur die NETTO-Reparaturkosten verlangen.
P: In welcher Höhe ist ein Abzug vom Brutto-WBW zu machen, dessen Anfall durch Rechnungen/ KV nachgewiesen werden muss?
- Regelbesteuerung 19 %: bei Neuwagenkauf oder Fz wurde von einer vorsteuerabzugsberechtigten Person erworben
in diesem Fall kann die vorsteuerabzugsberechtigte Person die Vorsteuer von der von ihr gezahlten Ust. abziehen. Sie hat also iHd Ust. keinen Schaden erlitten. Ein nachträglicher Nachweis durch Rechnung ist obsolet.
- Differenzbesteuerte Fahrzeuge
Wird Fz im gewerblichen Gebrauchtwagenhandel erworben, unterliegt nur die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis- also die sog. Handelsspane, der Gewinn des Gebrauchtwagenverkäufers, der Ust..
nur diese Ust. ist beim WBW zum Abzug zu bringen
- nicht besteuerte Fahrzeuge
Fz, die nur noch von privat erhältlich sind.
Es fällt kein ust.-pflichtiges Geschäft an.
Der BGH hat entschieden, dass der Geschädigte bei Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs die Kosten bis zum WBW-Brutto ersetzt verlangen kann, egal ob Regelbesteuerung, Differenzbesteuerung od. keine Ust. wegen Privatkauf angefallen ist.
4. Bis zu welcher Höhe können Kosten für eine konkrete od. fiktive Reparatur + merkantilem Minderwert geltend gemacht werden?
Anhand des Gutachtens ist der Wiederbeschaffungsaufwand zu ermitteln
Wiederbeschaffungswert – Restwert = Wiederbeschaffungsaufwand
--> um zu bestimmen, wie der Mandant regulieren kann:
--> Für die Frage, wie hoch der vom Schädiger zu ersetzende Wert ist, ist zu unterscheiden:
- bei bisher nur fiktiver Abrechnung (Gutachten/Kostenvoranschlag)
Netto- WBW minus steuerneutraler Restwert
iV zu
Netto- Reparaturkosten + Minderwert
--> dem G ist dann nur bis zum Netto-Betrag zu erstatten, bis er den Anfall der Ust. nachweist.
- bei konkreter Abrechnung und Nachweis der Ust. sind die Brutto-Beträge zugrunde zu legen.
Für die Vergleichsbetrachtung iRd Wirtschaftlichkeitsgebots ist abzustellen auf
BRUTTO-Reparaturkosten + Merkantiler Minderwert
im Verhältnis zu
NETTO- WBA
a) Die Reparaturkosten liegen unterhalb des Wiederbeschaffungsaufwands
- Wahlrecht ob fiktiv od. konkret abgerechnet wird
- Kostenerstattung für ein Ersatzfahrzeug wäre unwirtschaftlich
Besonderheit Fall: Nach BGH: Brutto und netto fallen auseinander
Brutto liegen die Repkosten noch zwischen dem WBA und WBW, Netto liegen sie unter dem WBA
- liegen bei einer fiktiven Abrechnung die Netto-Reparaturkosten unterhalb des Netto-WBA, kann der G nur diese verlangen. Das LG Kempten hat 2012 entschieden, dass er nicht den Netto-WBA ersetzt verlangen kann, auch nicht, wenn er das Fz zum Restwert verkauft. Die Reparatur wäre wirtschaftlicher gewesen.
Das LG sieht diesen Fall auf der 2. Stufe, da Brutto-Reparaturkosten über dem Brutto-WBA lagen, also zwischen WBA und WBW.
Verzichtet der Geschädigte auf die Reparatur, ist seine fiktive Abrechnung auf die Netto-Reparaturkosten beschränkt, wenn diese den Schädiger weniger belasten als der Netto-WBA.
Der Geschädigte kann aber nach der Rspr. neben der Liquidation der Netto-Reparaturrechnung die Mwst. aus einer Ersatzbeschaffung ziehen, wenn diese tatsächlich angefallen ist. Allerdings ist die Ust. dann begrenzt auf den Betrag, der auf die Reparatur angefallen wäre.
- liegen bei einer konkreten Abrechnung die Brutto-Reparaturkosten über dem WBA, kann der G die Brutto-Rep bis zum WBW ersetzt verlangen (sogar ohne 6 monatige Weiternutzung)
b.) Die Reparaturkosten liegen zwischen Wiederbeschaffungswert (höherer Betrag) und Wiederbeschaffungsaufwand
(idR sowohl brutto, als auch netto)
Besonderer Fall s.o.: Brutto liegt die Rep. dazwischen, Netto aber unter dem WBA: wenn nur fiktive Abrechnung, auf Netto-Rep beschränkt.
Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten + MW bis zum WBW
Voraussetzungen:
I. konkrete Abrechnung
- auch bei Veräußerung inh . 6 Monate, kein Weiternutzungsgebot
II. fiktive Abrechnung
- verkehrssichere Reparatur (Qualität egal)
- ODER keine Reparatur/Billigrep. ohne Rechng
- ++6 monatige Weiternutzung
(es sei denn Netto-Reparaturkosten liegen unter dem Netto-WBA)
- Wenn nur fiktive Abrechnung
- Oder keine Reparatur
- und keine 6-monatige Weiternutzung
c.) Die Reparaturkosten liegen über dem Wiederbeschaffungswert
sog. wirtschaftlicher Totalschaden
Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten + MW bis zum Wert der Reparatur + Minderwert
Voraussetzungen:
- G repariert vollständig und fachgerecht und
- Veräußerung nicht inh. von 6 Monaten
Anspruch auf Ersatz bis zum WBW
- konkrete Abrechnung od. Eigenreparatur mit Wert über WBA
- zumindest teilweiser Reparatur
- 6 Monate Weiternutzung (BGH noch offen)
Anspruch auf Ersatz bis zum WBA
- Wenn G nicht repariert
- bei fiktiver Abrechnung und nur teilweiser Reparatur
- wenn nicht 6 Monate weiterbenutzt wird
- Nutzungsausfall ODER Mietwagenkosten: (Nutzungsausfall Tabelle nach Alter und Modell)
- Ausfall muss tatsächlich nachgewiesen werden: (Zeitraum durch Nachweis der Reparatur od. Anschaffung des Ersatz-fahrzeugs. Wenn man damit zulange wartet, kann Versicherung den Anspruch zurückweisen, weil Nutzungsinteresse nicht hoch gewesen sei)
- Nutzungswille (-) bei Zweitwagen
- Nutzungsmöglichkeit (-) bei Krankenhaus
-
P: „Unfallersatztarif“ und Gebot des § 254 II – wirtschaftlicher Weg
- Schädiger DBWL, dass höherer Mietpreis als üblich
- Geschädigter DBWL, dass höherer Unfallersatztarif ausnahmsweise gerechtfertigt war, da besonders spezifische Leistungen erforderlich waren (zB An- und Abholung zur Nachtzeit)
- Ansonsten kann der Geschädigte auch gg. den Autovermieter vorgehen, wenn dieser seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen ist, dass der höhere Tarif ev. nicht von der gegn. Haftpflichtversicherung getragen wird
- Abschleppkosten und Standgebühren: § 254 II BGB: zeitnahe Reparatur ist zu veranlassen
- UPE-Aufschlag: dafür, dass die in dem SV-Gutachten veranschlagten Kosten für die Ersatzteile auf der Grundlage unverbindlicher Preisempfehlungen der Hersteller an die jeweilige Werkstatt erhoben wurden. Die Werkstätten sind an diese UPE aber nicht gebunden.
- Verbringungskosten: oft verbringen Werkstätten das Fz für Lackierungsarbeiten zu Dritten
- Vorfinanzierungskosten: dem Vers. Muss Möglichkeit der Vorschusszahlung gegeben werden
- Ab- und Anmeldung Pauschal 75 EUR
- Neuanschaffung von Helmen und Kindersitzen
- Pauschale für zeitlichen und finanziellen Aufwand bis zu 30 EUR
- Rechtsanwaltsgebühren
- Ersatz vermehrter Bedürfnisse
- Haushaltsführungsschaden §§ 249, 842 ff.
- Ersatz von Nachteilen hins. Erwerbstätigkeit §§ 842, 843
- Fahrtkosten naher Angehöriger, wenn diese med. indiziert sind
- Schmerzensgeld
- Verdienstausfall (Differenz zwischen Efz bzw. Krankengeld und üblichem Lohn + Sonderzahlungen; Ausfall bestimmter gewinnbringender Geschäfte)
Nicht Erstattungsfähig sind:
- entgangene Urlaubsfreude
- eigener Arbeitsaufwand
- Heilbehandlungskosten
- Verdienstausfall
- Andere Sowieso-Kosten, wie Leasingraten