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Aktuelle UrteileVerkehrsrecht

Schadensersatzrecht, Verkehrsrecht, Straßenverkehrsrecht

[16.01.2024] Sturz eines Motorradfahrers zwecks Verhinderung eines Auffahrunfalls spricht für dessen Unaufmerksamkeit oder zu geringen Abstand

Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen gilt auch für berührungslose Unfälle

Stürzt ein Motorradfahrer bei einem Bremsvorgang zur Verhinderung eines Auffahrunfalls, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er unaufmerksam war oder einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten hat. Der für Auffahrunfälle geltende Anscheinsbeweis gilt auch dann, wenn es nicht zu einer Kollision mit dem vorausfahrenden Fahrzeug kommt. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2021 kam es auf einer Straße in Niedersachen zu einem Sturz eines Motorradfahrers, als dieser aufgrund einer Vollbremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs selbst stark bremsen musste und dabei ins Rutschen kam. Das vorausfahrende Fahrzeug musste stark abbremsen, weil plötzlich ein entgegenkommender Mercedes auf seine Fahrbahn fuhr. Der Mercedes wollte einem Müllwagen überholen, der auf seiner Fahrbahn stand. Dabei achtete die Fahrerin des Mercedes nicht auf den Gegenverkehr, obwohl die Straße an der Stelle einen leichte Rechtskurve aufwies. Der Motorradfahrer klagte schließlich gegen die Halterin des Mercedes und deren Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht wies Schadensersatzklage ab

Das Landgericht Verden wies die Schadensersatzklage ab. Seiner Auffassung nach habe der Kläger seinen Sturz allein zu verschulden. Der Beklagten sei ein risikoreiches Überholen nicht vorzuwerfen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Klägers.

Oberlandesgericht bejaht Schadensersatzanspruch

Das Oberlandesgericht Celle entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers. Er könne 40 % seines Schadens von den Beklagten ersetzt verlangen. Die Beklagte habe gegen § 6 Abs. 1 StVO verstoßen. Sie sei ohne vorsichtige Prüfung an der durch den haltenden Müllwagen geschaffenen Engstelle vorbeigefahren. Es habe nicht ausgereicht, langsam den Müllwagen zu überholen. Die Beklagte habe vielmehr den Gegenverkehr überprüfen müssen, bevor sie zur Überholung ansetzte.

Anscheinsbeweis spricht für Verkehrsverstoß des Motorradfahrers

Jedoch spreche ein Anscheinsbewies auch für ein Verkehrsverstoß des Klägers, so das Oberlandesgericht. Auch wenn es nicht zu einer Kollision zwischen Motorrad und vorausfahrendem Fahrzeug kam, seien die Grundsätze des Anscheinsbeweises bei Auffahrunfällen anzuwenden. Gelingt es einem Verkehrsteilnehmer nicht, rechtzeitig auf die wahrgenommene Gefahrenlage zu reagieren und lediglich durch einen vorherigen Sturz eine Kollision mit dem Vorausfahrenden zu verhindern, spreche wie im Fall einer Auffahrkollision die Lebenserfahrung dafür, dass die Ursache für den Sturz, das eigene Fehlverhalten infolge zu geringen Abstands oder Unaufmerksamkeit ist.

Keine überwiegende Haftung der Mercedesfahrerin

Eine überwiegenden Haftung der Beklagten komme nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht in Betracht. Denn der Kläger trage einen deutlich höheren Verantwortungsanteil als die Beklagte. Erst sein sorgfaltswidriges Verhalten habe zum Sturz geführt. Dabei sei zu beachten, dass der Vorausfahrende noch rechtzeitig habe bremsen können, ohne dass es zu einer Kollision mit dem Mercedes kam.



OLG Celle, vom 13.12.202314 U 32/23 -

Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)


Vorinstanz:
  • LG Verden, Urteil vom 22.02.2023
    [Aktenzeichen: 1a O 104/21]

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