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Reiserecht

[12.01.2024] Trotz Nichtvorliegens einer Pauschalreise können Vertragsparteien Geltung des Pauschalreiserechts vereinbaren

Vorliegen einer gewillkürten Pauschalreise

Auch wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalreise nicht vorliegen, können die Vertragsparteien die Geltung des Pauschalreiserechts (§§ 651 ff. BGB) vereinbaren. In diesem Fall liegt eine sogenannte gewillkürte Pauschalreise vor. Dies hat das Landgericht Frankfurt a.M. entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2019 buchte eine Frau über ein Online-Reisebüro einen Hotelaufenthalt in Los Angeles für September 2020 und tätigte eine Anzahlung. Den Flug buchte sie separat. Die AGB des Online-Reisebüros erklärten das Pauschalreiserecht für anwendbar. Zudem regelte eine Klausel die Stornokosten im Falle eines Reiserücktritts. Danach war eine angemessene Entschädigung fällig, "soweit der Rücktritt nicht von uns zu vertreten ist oder am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen". Nachfolgend kam es zum Ausbruch der Corona-Pandemie, in dessen Folge die Frau ihre Reise im Juli 2020 stornierte. Das Online-Reisebüro machte daraufhin Stornokosten in Höhe von 655 € geltend. Die Frau hielt das für unzulässig und klagte auf vollständige Auszahlung ihrer Anzahlung. Das Amtsgericht Frankfurt a.M. gab dem statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Anspruch auf Auszahlung der Anzahlung

Das Landgericht Frankfurt a.M. bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf vollständige Auszahlung der Anzahlung zu. Die Klausel zur Entschädigungszahlung sei unwirksam, da diese dem Leitbild des § 651 h Abs.3 Satz 1 BGB widerspreche. Die Regelungen des Pauschalreiserechts finden hier Anwendung, da dies die Parteien vereinbart haben. Es liege eine sogenannte gewillkürte Pauschalreise vor. Es sei zu beachten, dass das Pauschalreiserecht nicht zwingend sei, sondern dispositiv. Eine Besserstellung durch die Anwendung der Schutzvorschriften des Pauschalreiserechts sei zulässig.

Unwirksamkeit der Klausel zur Entschädigungszahlung

Die Klausel zur Entschädigungszahlung sei unwirksam, so das Landgericht, da sie im Rahmen der kundenfeindlichsten Auslegung nur so verstanden werden könne, dass eine Entschädigung auch dann fällig wird, wenn am Bestimmungsort außergewöhnliche, die Reise erheblich beeinträchtigende Umstände vorliegen. Dies widerspreche dem § 651 h Abs. 3 Satz 1 BGB. Nach dieser Vorschrift habe der Reiseveranstalter das Risiko des Eintritts außergewöhnlicher Umstände zu tragen, wenn dadurch die Pauschalreise erheblich beeinträchtigt wird. Die von der Beklagten verwendete Klausel kehre diese Risikoverteilung um und lege dem Reisenden das Risiko der Undurchführbarkeit oder erheblichen Beeinträchtigung der Reise auf.



LG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.02.20232-24 S 166/22 -

Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)


Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
  • Keine Entschädigung für Reiseveranstalter nach Stornierung der Reise durch den Kunden wegen Corona-Pandemie
    LG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.07.2022
    [Aktenzeichen: 2-24 S 243/21]
Vorinstanz:
  • AG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.09.2022
    [Aktenzeichen: 30 C 1141/21 (20)]

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