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Familienrecht

[15.11.2023] BGH: Trotz Todes der Mutter ist Vaterschafts­anerkennung möglich

Zustimmungs­erfordernis der Mutter entfällt mit ihrem Tod

Stirbt die Mutter, so ist einer Vaterschafts­anerkennung dennoch möglich. Das Zustimmungs­erfordernis der Mutter gemäß § 1595 Abs. 1 BGB entfällt. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2022 begehrte eine in Unterfranken wohnhafte 58-jährige Frau die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung im Geburtenregister. Der vermeintliche biologische Vater hatte die Vaterschaft im Oktober 2021 mittels notarieller Urkunde anerkannt, war aber später verstorben. Die Mutter war bereits seit 2004 tot. Das Standesamt hatte wegen des Todes der Mutter Zweifel an der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung und holte sich daher gerichtlichen Rat ein.

Amtsgericht und Oberlandesgericht lehnten Eintragung der Vaterschaftsanerkennung ab

Sowohl das Amtsgericht Schweinfurt als auch das Oberlandesgericht Bamberg lehnten eine Eintragung der Vaterschaftsanerkennung in das Geburtenregister ab. Nach dem Tod der Mutter komme eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr in Betracht. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

Bundesgerichtshof hält Vaterschaftsanerkennung für möglich

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Antragstellerin. Mit dem Tod der Mutter entfalle das Zustimmungserfordernis nach § 1595 Abs. 1 BGB. Für die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung genüge in diesem Fall die Zustimmung des Kindes oder die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist. Dies ergebe sich aus eine nach dem Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung der Vorschrift.

Zustimmungserfordernis soll Mitwirkungsrechte der Mutter gewährleisten

Ziel des Zustimmungserfordernisses der Mutter sei die Gewährleistung ihrer Mitwirkungsrechte an der Vaterschaftsanerkennung, so der Bundesgerichtshof. Weil die Mutter die ihr zustehenden Rechte nach ihrem Tod nicht mehr ausüben kann, wirke sich eine nach ihrem Tod anerkannte Vaterschaft auf ihre Rechtsstellung insoweit nicht mehr aus.

Gewähr der biologischen Richtigkeit der Anerkennung unerheblich

Der Bundesgerichtshof hielt den Einwand, dass die Zustimmung der Mutter eine höhere Gewähr für die Richtigkeit der Anerkennung biete, für nicht erheblich. Denn das Abstammungsrecht räume der biologischen Vaterschaft keinen zwingenden Vorrang ein. Durch die Zustimmung des volljährigen Kindes oder die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters werde die Statuswahrheit ausreichend gewahrt. Sie biete ausreichenden Schutz vor unzutreffenden Vaterschaftsanerkennungen.

Alternative wäre aufwändiges und zeitintensives Vaterschaftsfeststellungsverfahren

Alternativ zu einer Anerkennung müsste das Kind eine aufwändiges und zeitintensives Vaterschaftsfeststellungsverfahren einleiten, so der Bundesgerichtshof. Sollte auch der Vater verstorben sein, würde die biologische Vaterschaft nicht feststellbar sein. Gerade nach dem Tod der Mutter bestehe aber ein Interesse des Kindes an einer effizienten und zeitnahen Möglichkeit einen rechtlichen Vater zu erhalten. Dass die Anerkennung möglicherweise nicht der biologischen Abstammung entspreche, falle demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht.



BGH, Beschluss vom 30.08.2023XII ZB 48/23 -

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)


Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Schweinfurt, Beschluss vom 01.12.2022
    [Aktenzeichen: 5 UR III 14/22]
  • Keine Vater­schafts­anerkennung nach Versterben der Kindesmutter vor Erteilung ihrer Zustimmung
    OLG Bamberg, Beschluss vom 26.01.2023
    [Aktenzeichen: 1 W 67/22]
Gleichlautende Entscheidung:
  • Nach Tod der Kindesmutter entfällt das Erfordernis ihrer Zustimmung zur Vater­schafts­anerkennung
    KG Berlin, Beschluss vom 03.01.2017
    [Aktenzeichen: 1 W 483/16]

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