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Arzthaftungsrecht, Medizinrecht

[27.11.2023] Radiologe muss bei MRT entdeckte Zufallsbefunde in Arztbrief an überweisenden Behandler aufnehmen

Fehlende Aufnahme des Nebenbefunds begründet Behandlungsfehler im Sinne eines Diagnoseirrtums

Ein Radiologe muss für ihn erkennbare Zufallsbefunde im Arztbrief an den überweisenden Behandler aufnehmen. Tut er dies nicht, so liegt ein Behandlungsfehler im Sinne eines Diagnoseirrtums vor. Dies hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Frühjahr 2014 wurde ein in Sachsen wohnhafter 34-jähriger Mann von seinem Hausarzt an einen Radiologen zwecks Abklärung von Kopfschmerzen mittels eines MRT überwiesen. Dieser teilte dem Hausarzt nach Durchführung des MRT einen altersentsprechenden und unauffälligen Befund mit, übersah aber eine sichtbare Läsion. Da der Mann weiterhin über Beschwerden klagte, wurde im September 2015 ein CT durchgeführt. Dieses ergab eine ausgedehnte Cholesteatombildung. Der Mann wurde operiert, wobei es zu einer linksseitigen Facialisparese kam. Der Mann warf dem früheren Radiologen vor, die auf den MRT ersichtliche Läsion nicht erkannt zu haben. Wäre bereits im Frühjahr 2014 das CT eingeholt worden, wäre eine frühere Behandlung der Cholesteatombildung möglich gewesen. Die eingetretene Facialisparese wäre dann vermeidbar gewesen. Das Landgericht Dresden wies die Schadensersatzklage des Mannes ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Vorliegen eines Diagnoseirrtums als einfacher Behandlungsfehler

Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Zwar sei dem Radiologen ein einfacher Behandlungsfehler in Form eines Diagnoseirrtums vorzuwerfen, weil er die auf den Bildern zu sehende Läsion als Nebenbefund nicht beschrieben hat.

Auf MRT erkennbare Läsion als Zufallsbefund

Der Radiologe, dem ein Patient mit einer bestimmten Fragestellung zur weiteren Untersuchung überwiesen wird, könne sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht auf den Auftragsumfang beschränken. Aufgrund der ihm gegenüber dem Patienten obliegenden Fürsorgepflichten habe er für die Auswertung eines Befundes all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für gebotene Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen muss. Vor in diesem Sinne für ihn erkennbaren Zufallsbefunden dürfe er nicht die Augen verschließen. Solch ein Zufallsbefund sei auf den MRT zu sehen gewesen.

Fehlender Nachweis der Kausalität zwischen Diagnoseirrtum und eingetretenen Schaden

Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe für den Kläger aber nicht, so das Oberlandesgericht, weil ihm der Beweis für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Diagnoseirrtum und dem eingetreten Schaden nicht gelungen sei. Er habe nicht nachweisen können, dass die Facialisparese bei früherer Behandlung nicht eingetreten wäre.



OLG Dresden, Urteil vom 10.10.20234 U 634/23 -

Quelle: Oberlandesgericht Dresden, ra-online (vt/rb)


Vorinstanz:
  • LG Dresden, Urteil vom 10.03.2023
    [Aktenzeichen: 6 O 2250/19]

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