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[01.02.2023] BGH: Strafbarkeit der vorgetäuschten Bewerbungen auf diskriminierende Stellenangebote zwecks Erlangung von Entschädigungs­ansprüchen

Sog. AGG-Hopping nicht zwingend strafbar

Das Vortäuschen von Bewerbungen auf diskriminierende Stellenangebote zwecks Erlangung von Entschädigungs­ansprüchen (sog. AGG-Hopping), kann als Betrug strafbar sein. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen Juli 2011 und März 2012 bewarb sich ein 42-jähriger Mann auf 12 Stellenangebote, die aus seiner Sicht eine Diskriminierung, etwa aufgrund des Alters, enthielten. Ihm wurde vorgeworfen, die Bewerbungen nur zum Schein eingereicht zu haben, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können. Nachdem das Landgericht München I über den Fall entschied, hatte der Bundesgerichtshof eine Entscheidung zu treffen.

Strafbarkeit des AGG-Hopping bei Täuschung und irrtumsbedingter Vermögensverfügung

Der Bundesgerichtshof führte grundlegend aus, dass sich der Angeklagte wegen Betrugs im Prozess strafbar machen könne, wenn er damit gerechnet hat, dass durch sein Vorbringen im Prozess die auf Beklagtenseite auftretenden Personen getäuscht und diese irrtumsbedingt zu einer selbstschädigenden Vermögensverfügung veranlasst werden.

Strafbarkeit bei Bestreiten einer behaupteten Scheinbewerbung

Erhebt die Gegenseite im Prozess den Einwand, dass sich der Angeklagte nur zum Schein beworben habe, um eine Entschädigung verlangen zu können, liege eine Täuschung des Angeklagten durch eine ausdrückliche Erklärung vor, so der Bundesgerichtshof, wenn er dieses Vorbringen ausdrücklich bestreitet und sich nicht nur auf die Beweislastregeln zurückgezogen hat. Dies gelte auch in den Fällen, in denen der Angeklagte im Prozess schriftsätzlich hat vortragen lassen, er habe sich subjektiv ernsthaft beworben.

Strafbarkeit bei fehlendem Einwand der Scheinbewerbung

Wird der Einwand der Scheinbewerbung von der Gegenseite nicht erhoben und hat sich der Angeklagte allein auf die gerichtliche Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs beschränkt, bemesse sich die Frage der Täuschung über die fehlende Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung nach Auffassung des Bundesgerichtshofs danach, ob er gegen die Vollständigkeits- und Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 ZPO verstoßen hat. Ist dies der Fall, sei bereits die gerichtliche Geltendmachung der unberechtigten Forderung als stillschweigende Täuschung zu qualifizieren.



BGH, Beschluss vom 04.05.20221 StR 3/21 -

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)


Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
  • Kein Ent­schädigungs­anspruch wegen Alters­diskriminierung bei nicht ernsthaft gemeinter Bewerbung auf eine Stellen­ausschreibung
    LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.10.2013
    [Aktenzeichen: 21 Sa 1380/13]
Vorinstanz:
  • LG München I, Urteil vom 19.03.2020
    [Aktenzeichen: 12 KLs 231 Js 139171/12]

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