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[05.12.2023] Vermutung der Urheberschaft von Veränderungen an Testament durch Erblasser bei fehlender Zugriffsmöglichkeit von Dritten

Mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen als Widerruf des Testaments

Weist ein Testament Veränderungen auf, so ist zu vermuten, dass diese vom Erblasser stammen, wenn auszuschließen ist, dass Dritte Zugriff auf das Testament haben konnten. Weist ein Testament über sämtliche Seiten mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen auf, so ist gemäß § 2255 Satz 2 BGB davon auszugehen, dass der Erblasser das Testament widerrufen wollte. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2020 verstarb eine Frau in ihrer Wohnung im Allgäu. Ihr Lebensgefährte entdeckte in einem Stapel alter Zeitungen, Zeitschriften, Kontoauszügen und Katalogen ein handschriftliches Testament vom März 2020. Durch das Testament wurde der Lebensgefährte als Alleinerbe bestimmt. Zugleich wurden die beiden Brüder der Erblasserin enterbt. Das dreiseitige Testament wies auf sämtlichen Seiten mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen auf. Nunmehr bestand Streit, ob die Veränderungen von der Erblasserin vorgenommen wurden und wenn ja, ob dadurch das Testament widerrufen werden sollte. Das Amtsgericht Kempten bejahte zwar ersteres, verneinte aber letzteres. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Brüder der Erblasserin.

Durchstreichungen stammen von Erblasserin

Das Oberlandesgericht München entschied zu Gunsten der Brüder der Erblasserin. Zunächst sei davon auszugehen, dass die Durchstreichungen von der Erblasserin stammen. Die Erblasserin hielt sich in der letzten Phase ihres Lebens überwiegend auf der Couch im Wohnzimmer auf und hatte wenige soziale Kontakte. Es sei daher auszuschließen, dass Dritte ungehinderten Zugriff auf das Testament gehabt haben. Ihre Brüder hatten zudem keinen Zutritt zur Wohnung. Zwar habe der Lebensgefährte die Veränderungen vornehmen können, daran habe er aber kein Interesse gehabt.

Mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen als Widerruf des Testaments

Nach Auffassung des Oberlandesgericht seien die Durchstreichungen von der Erblasserin in Widerrufsabsicht erfolgt. Dies sei gemäß § 2255 Satz 2 BGB zu vermuten.



OLG München, Beschluss vom 13.10.202333 Wx 73/23 e -

Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)


Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
  • Ein durchgestrichenes Testament gilt als widerrufen
    Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 01.12.2004
    [Aktenzeichen: 1Z BR 93/04]
Vorinstanz:
  • AG Kempten, Beschluss vom 21.04.2023
    [Aktenzeichen: 551 VI 1510/20]

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