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Familienrecht
[02.10.2024] Kein "auf Dauer angelegter gemeinsamer Haushalt" bei bereits beendeter Lebensgemeinschaft und Zuwendung an neuen Partner
Keine Zuweisung der Wohnung nach Gewaltschutzgesetz
Die Zuweisung einer Wohnung nach § 2 Abs. 1 GewSchG setzt unter anderem das Vorliegen eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalts zum Zeitpunkt der Tat voraus. Dies ist dann nicht gegeben, wenn zum Zeitpunkt der Tat die Lebensgemeinschaft bereits beendet war und sich einer der Beteiligten einem neuen Partner zugewandt hat. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2024 wurde eine Frau in Hessen Opfer eines gewalttätigen Übergriffs durch ihren Lebenspartner. Die Tat geschah dabei in der von beiden gemeinsam angemieteten Wohnung. Die Beteiligten waren nicht miteinander verheiratet. Die Frau beantragte aufgrund der Gewalttaten die Zuweisung der Wohnung auf sich. Dem stellte sich der Mann entgegen. Hintergrund dessen war, dass die Frau seit August 2023 nicht mehr in der Wohnung wohnte und sich bereits einem neuen Partner zugewandt hatte. Sie suchte die Wohnung nur wiederholt auf, um Sachen abzuholen.
Amtsgericht gab Antrag auf Wohnungszuweisung statt
Das Amtsgericht Darmstadt gab dem Antrag auf Wohnungszuweisung gemäß § 2 Abs. 1 GewSchG statt. Die Beteiligten haben aus seiner Sicht zum Zeitpunkt der Tat einen gemeinsamen Haushalt geführt. Zwar hatte die Antragstellerin die Wohnung verlassen, dies habe aber nur einer Übergangslösung bis zur Klärung des Schicksals der Wohnung dargestellt. Sie verfügte zudem weiterhin über einen Schlüssel und ging in der Wohnung ein und aus. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde des Antragsgegners.
Oberlandesgericht verneint Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied zu Gunsten des Antragsgegners. Ein Anspruch auf Wohnungszuweisung gemäß § 2 Abs. 1 GewSchG bestehe nicht, da die Beteiligten zum Zeitpunkt der Taten keinen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Ein gemeinsamer Haushalt sei bei gemeinsamen Nutzen der Wohnung und ihrer Einrichtungsgegenstände, einem gemeinsamen, zwischen den Beteiligten abgesprochenen oder auch ohne Absprache tatsächlich ausgebübten Wirtschaften und aufeinander bezogenen wechselseitigen Versorgungsleistungen gegeben. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 GewSchG umfasse nicht die hiesige Konstellation, in der die Lebensgemeinschaft seit Monaten beendet war, keiner der Beteiligten die Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft beabsichtigt und einer der Beteiligten sich einem neuen Partner zugewandt hat.
Vereinzeltes Betreten der Wohnung unerheblich
Für unerheblich hielt das Oberlandesgericht den Umstand, dass die Antragstellerin vereinzelt die Wohnung betrat. Denn damit sei die Erledigung notwendiger Versorgungsleistungen für die Lebensgemeinschaft (Einkaufen, Essen bereiten, Haushaltsarbeiten) offensichtlich nicht verbunden gewesen.
Ausreichender Schutz des Opfers
Die Antragstellerin sei als Mitmieterin der Wohnung nicht schutzlos gestellt, so das Oberlandesgericht. Bestehe kein Anspruch nach § 2 Abs. 1 GewSchG kommen in Gewaltfällen zumindest Wohnungsverweisungen in Betracht. Diese habe das Zivilgericht zur Durchsetzung des allgemeinen Anspruchs einer Person, nicht verletzt zu werden, auf Basis von § 940 a ZPO auszusprechen.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.07.2024 - 6 UF 105/24 -
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)
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AG Darmstadt, Beschluss vom 23.06.2024
[Aktenzeichen: 58 F 267/24 GS]
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