Aktuelle UrteileArbeitsrecht
Arbeitsrecht, Prozessrecht
[06.02.2023] Unzulässiges einfaches Bestreiten des Inhalts eines Schreibens bei Nachweis des Zugangs der Briefsendung
Gegenseite muss und kann sich zum anderen Inhalt der Briefsendung erklären
Kann eine Partei nachweisen, dass der Gegenseite ein Schreiben zugegangen ist, so genügt es nicht, dass die Gegenseite den Inhalt des Schreibens einfach bestreitet. Vielmehr muss und kann die Gegenseite erklären, welchen anderen Inhalt das Schreiben haben soll. Dies hat das Landesarbeitsgericht Thüringen entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall stritten sich die Parteien eines Arbeitsvertrags vor dem Arbeitsgericht Nordhausen über die Auszahlung einer tarifvertraglichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2019. Die Klägerin behauptete, die Auszahlung rechtzeitig geltend gemacht zu haben. Sie konnte diesbezüglich nachweisen, dass die Beklagte ein Schreiben von ihr erhalten hatte. Die Beklagte bestritt aber, dass das Schreiben die Geltendmachung der Jahressonderzahlung beinhaltete. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.
Anspruch auf Auszahlung der Jahressonderzahlung
Das Landesarbeitsgericht Thüringen bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Klägerin stehe der Anspruch auf die Jahressonderzahlung zu. Der Anspruch sei rechtzeitig geltend gemacht worden.
Unzulässiges einfaches Bestreiten des Inhalts des Schreibens
Nach Auffassung des Landesarbeitsgericht genüge es nicht, dass die Beklagte den Inhalt des ihr unstreitig zugegangenen Schreibens einfach bestreitet. Die Mitarbeiterin der Beklagten, welche den Briefumschlag entgegengenommen hatte, habe zwingend zur Kenntnis nehmen müssen, welchen Inhalt der Briefumschlag hatte. Die Beklagte habe daher jede Erkenntnismöglichkeit, einfacher und zumutbarer Art, zu ermitteln, welcher Inhalt das Schreiben hatte. Sie hätte konkret dazu vortragen müssen und können, welchen anderen Inhalt das Schreiben gehabt haben soll.
Landesarbeitsgericht Thüringen, Urteil vom 07.12.2022 - 4 Sa 123/21 -
Quelle: Landesarbeitsgericht Thüringen, ra-online (vt/rb)
-
Keine Vermutung zum Erhalt der zweiten Seite eines Schreibens auf dem Postweg
LG Berlin, Urteil vom 01.03.2022
[Aktenzeichen: 83 O 27/22]
-
Arbeitsgericht Nordhausen, Urteil vom 28.04.2021
[Aktenzeichen: 2 Ca 1153/20]
zurück zur Übersichtsseite